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Deutschland – Was muss Journalisten alarmieren Verfassungsschutzchef auf Abwegen

Apr 10, 2024 | Studien & Berichte | 0 comments

Das Europäische Zentrum für Terrorismusbekämpfung und Nachrichtdienst, Deutschland und Niederlande 

t online – Verfassungsschutzchef auf Abwegen: Wo bleibt der Aufschrei?

Das wurde auch Zeit, denke ich mir und frage mich zugleich: Warum muss erst ein gestandener Liberaler wie Wolfgang Kubicki kommen, um Thomas Haldenwang, dem sich volkspädagogisch gerierenden Chef des Verfassungsschutzes, mit einem schlüssig begründeten, prägnant formulierten Artikel die Leviten zu lesen  Dennoch frage ich mich weiterhin: Wo bleibt der Aufschrei unserer Mediengrößen, allen voran der Meinungsmacher im öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Als da sind: Moderatoren, Kommentatoren, Magazinmacher, Chefredakteure und einige mehr.

Was muss Journalisten alarmieren, wenn nicht das Gebaren eines wahrscheinlich rechtlich, gewiss aber ordnungspolitisch und moralisch seine Zuständigkeit überdehnenden Geheimdienstchefs, der offenbar nicht nur die Kompetenz beansprucht, die „mündigen Bürger“ zu belehren, sondern nach eigenem Ermessen überwachen zu lassen und in ihren Grundrechten einzuschränken?

Offenkundig führt die begründete Empörung über völkische Wahnideen und das so inhumane wie illusionäre Remigrationsgerede dazu, dass die parlamentarische Demokratie von manchen ihrer Verfechter in die Gefahr manövriert wird, Suizid aus Angst vor dem Tod zu begehen. Thomas Haldenwang jedenfalls verfolgt seit einiger Zeit eine Agenda mit dieser Tendenz und nimmt sich das mit der Unterstützung durch eine Innenministerin heraus, die ebenfalls die Verteidigung der Demokratie mit politischen Interessen vermengt.

Recht zum Irrtum wesentlich

Das erscheint mir symptomatisch für eine Zeitenwende anderer Art, denn wir stehen als offene Gesellschaft vor einer verfassungspolitischen Grundsatzentscheidung: Wollen wir es mit primär juristischen und administrativen Mitteln unterbinden, dass ein Mensch, der in seiner prinzipiellen Irrtumsfähigkeit zu der Auffassung gelangt, die Demokratie im klassischen Verständnis sei nicht der Weisheit letzter Schluss, dies öffentlich kundtut und vertritt, oder sollten wir das im Sinne der Meinungsfreiheit nicht besser nur dann tun, wenn er es mit der Anstiftung zu Hass und Gewalt verbindet? Und muss ihm, wenn er in diesen Verdacht gerät oder gerückt wird, der Staat das schuldhafte Verhalten nachweisen, oder muss er, etwa als Beamter, seine Unschuld beweisen?

Genau an diesem Punkt sehe ich einen wesentlichen Unterschied zwischen einem Rechtsstaat und einer partiell pseudodemokratischen Obrigkeit, die es mit den Grundrechten nicht so genau nimmt. Zum Grundrecht der freien Meinung gehört das Recht zum Irrtum – und zum Wesen des Irrtums gehört, dass der Irrende nicht weiß, dass er irrt. Wie also, wenn man selbst seiner (demokratischen) Sache sicher ist, ihn zum Umdenken bringen? Staatliche Verbote sind dazu nicht nur das letzte, sondern oft das dümmste, weil kontraproduktive Mittel. Sie erzeugen eher trotzige Märtyrer als aufgeklärte Mitbürger.

Auch Rechte haben Rechte

Von der CDU, die als größte Oppositionspartei am ehesten berufen wäre, sich dieser Delegitimierung der Demokratie vehement zu widersetzen, hört man daran zwar Kritik, doch wenig Substantielles; die Rolle des Verfassungsschutzes und seines Chefs wird ausgespart. Für manche ein Anreiz zum Argwohn: weil Haldenwang ein Parteifreund ist? Oder spielt die Versuchung eine Rolle, die lästige Konkurrenz rechts außen endlich kleinzukriegen?

Das dürfte sich im Zweifel ebenso als Wunschdenken erweisen wie die Erwartung, die großen Demos „gegen Rechts“ könnten dies bewirken. Davon abgesehen: Muss das „Nie wieder“, das sie proklamieren, für eine wachsame Opposition nicht auch heißen: Nie wieder Unterdrückung der Meinungsfreiheit? Und deshalb auch hier: Wehret den Anfängen? Man wird mit der rechtsextremen Herausforderung nicht fertig, indem man eine einschlägig verdächtige Partei vom demokratischen Wettbewerb ausschließt oder die von ihr propagierten Meinungen mit einem Tabu belegt, sondern indem man sie durch das eigene, wohlbegründete Handeln widerlegt.

Doch das ist das Problem einer „Volkspartei“, das mich weniger bekümmert als das Schweigen von Journalisten, die einander sonst im Engagement fürs Gute, Wahre und Gerechte überbieten. Denn, es hilft ja nichts, auch Rechte haben Rechte, wie Kubicki nüchtern konstatiert. Sie rechtlos machen oder in ihren Rechten gravierend beschneiden zu wollen, ist nicht nur ein Schritt zum Unrecht, es ist vor allem, um de Talleyrand zu bemühen, ein Fehler. Bedenken manche eher links gesinnte Journalisten gar nicht, dass alle Instrumente, die im vermeintlichen Kampf „gegen Rechts“ bereitgestellt werden, früher oder später auch gegen sie eingesetzt wenden können, etwa wenn sie (vermeintlich) demokratische Politiker „verächtlich“ machen und damit angeblich die Demokratie um ihren Kredit bringen?

Damit will ich nicht behaupten, dass es die Probleme nicht gäbe, auf die Ministerinnen wie Nancy Faeser oder Lisa Paus mit einer „Demokratieförderung“, die offenbar in ihrer einseitigen politischen Stoßrichtung weder überprüft noch ernsthaft hinterfragt wird, mit den falschen Mitteln reagieren. Kein Zweifel, es gibt eine verbale Verrohung im Netz mit empörenden Auswüchsen. Es gibt eine verheerende Wirkung der digitalen Umwälzung auf Kinder, die schon suchtartig am Smartphone kleben und nicht nur mit gefährlichem Unsinn überflutet, sondern nachhaltig in ihrer Konzentrationsfähigkeit und intellektuell fundierten Argumentations- und Artikulationsfähigkeit geschädigt werden. Und, dadurch mitbedingt: Es gibt die oft schon alltägliche Verrohung und bisweilen blutige Brutalisierung an nicht wenigen Schulen, die gewiss nicht allein der allzu oft scheiternden Integration zugeschrieben werden kann, obwohl das eine mit dem anderen etwas zu tun hat.

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk muss für alle sein

Nur: Das Netz war und ist eben auch ein epochaler Zugewinn an persönlicher Freiheit. Diese Freiheit ist eine große Errungenschaft und muss uns erhalten bleiben, und zu ihr gehört immer auch die Möglichkeit des Missbrauchs. Den kann man eindämmen, indem man eklatante Rechtsbrüche wie Hetze zur Gewalt verfolgt und bestraft, aber nie ganz unterbinden. Stattdessen müssen die demokratischen Kräfte auf dem digitalen Feld präsenter und argumentativ schlagkräftiger, kurz: besser sein (oder endlich werden). Das gilt umso mehr, als sie sich selbst aus Steuergeldern erhebliche Beträge zuwenden, die sie unter diesem Aspekt offenbar nicht hinreichend anwenden. Ein nützliches Mittel könnte ein umfassend betriebener medialer „Faktencheck“ im Netz sein, vorausgesetzt, er wird redlich und ergebnisoffen unternommen. Es werden ja täglich in „sozialen“ Medien abenteuerliche Behauptungen aufgestellt, die mit etwas Einsatz widerlegt werden könnten. Warum überlässt man den Scharfmachern meist kampflos das Feld?

Den öffentlich-rechtlichen Sendern kann man diesen Vorwurf, das sei hier nicht nur der Fairness halber angemerkt, nicht im gleichen Maße machen. Zumindest werden in meiner Wahrnehmung manche Themen, die quer zum öffentlichen Mainstream liegen, abgewogener, offener und unbefangener aufgegriffen als noch vor Jahresfrist und ohne Hochmut präsentiert. Ob es um die erwähnte Kriminalitätswelle bei Kindern und Jugendlichen geht, um das Für und Wider einer allgemeinen Dienstpflicht, den Streit um die Cannabis-Freigabe, das Aufarbeiten der Corona-Politik, um die Widersprüche in der deutschen Energiepolitik oder die Probleme der Wirtschaft, nicht zuletzt des Mittelstandes und des Handwerks mitsamt der Aushöhlung des Leistungsprinzips – man scheint sich stärker als zuvor der Tatsache bewusst zu sein, dass auf Dauer nur dann alle für den Rundfunk zu zahlen bereit sind, wenn er der Rundfunk für alle ist, also eben auch für Wähler, die einer Alice Weidel oder Sahra Wagenknecht ihre Stimme geben.

Die Bildschirmgrößen könnten, wenn es um die Freiheit der Meinung und damit um ihre ideelle Existenzgrundlage geht, schon deshalb der Politik so selbstbewusst die Grenzen legitimen Handelns aufzeigen, wie es eine immer noch starke, unabhängige Presse vielfach tut. Damit hapert es nach meinem Eindruck leider; um so größeren Respekt habe ich vor Politikern, nicht zuletzt in Ostdeutschland, die den Streit mit den „Rechten“ nicht scheuen, sondern offensiv führen. Am besten, indem sie sich nicht nur den gängigen Parolen entgegenstellen, die, wie in der Migrationspolitik, tatsächlich mit den Wahrnehmungen und Sorgen vieler Bürger zu tun haben, sondern ihre eigene Agenda ins Feld führen. Und um so mehr bin ich enttäuscht über das Schweigen namhafter Kollegen, wenn sich die staatliche Exekutive anmaßt, im Namen der Demokratie auf undemokratische Weise übergriffig zu werden.

Das Europäische Zentrum für Terrorismusbekämpfung und Nachrichtdienst, Deutschland und Niederlande 

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