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Wann kann eine Demonstration verboten werden?

Okt 29, 2023 | Studien & Berichte | 0 comments

Das Europäische Zentrum für Terrorismusbekämpfung und Nachrichtdienst, Deutschland und Niederlande 

Pro-Palästina-Demos: Was ist erlaubt?

Oliver Pieper

DW – Angesichts der Zuspitzung des Nahostkonflikts werden in Deutschland neue pro-israelische und pro-palästinensische Demonstrationen erwartet. Was ist erlaubt, was verboten? Die Rechtslage im Überblick.

Wann kann eine Demonstration verboten werden?

Im Artikel 8 des Grundgesetzes, Absatz 1, heißt es: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“

Es gelten grundsätzlich hohe Hürden, wenn dieses Versammlungsrecht eingeschränkt und ein Demonstrationsverbot ausgesprochen werden soll. Das Verbot muss also sehr gut begründet sein, wie auch das höchste deutsche Gericht, das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe immer wieder deutlich macht. In den vergangenen Tagen wurden viele Demonstrationen von Verwaltungsgerichten im Eilverfahren untersagt, weil sie „eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ sein könnten, also mit Straftaten zu rechnen sei.

Ein Verbot ist jedoch immer das letzte Mittel. Häufig erhalten die Veranstalter stattdessen Auflagen, strafbare Transparente zu entfernen oder auch bei Sprechgesängen einzuschreiten – im Notfall kann die Polizei die Demonstration immer noch auflösen.

Dass die Gerichte in Deutschland unterschiedliche Entscheidungen treffen, hängt zum einen mit dem Versammlungsort, zum anderen mit den Veranstaltern zusammen. Denn die Behörden müssen im Vorfeld einer Demonstration mit einer Gefahrenprognose einschätzen, ob es möglicherweise zu Straftaten kommen könnte, zum Beispiel indem auf der Demo verbotene Symbole gezeigt werden könnten.

Zu den Fragen, die für eine Risikoabwägung beantwortet werden müssen, gehören unter anderem: Sind Demonstrationen an einem bestimmten Ort und in einer bestimmten Stadt immer wieder eskaliert? Und: Hat der Veranstalter in der Vergangenheit Straftäter ausgeschlossen oder nicht?

Welche Symbole sind nicht erlaubt?

Mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einem Bußgeld wird bestraft, wer gegen Paragraf 86a des Strafgesetzbuches verstößt; also Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen verbreitet oder öffentlich verwendet.

Im Zusammenhang mit Demonstrationen in Deutschland zum Nahostkonflikt heißt das: Fahnen der als terroristisch eingestuften Organisationen Hamas, „Volksfront zur Befreiung Palästinas“, „Palästinensischer Islamischer Jihad“ und Hisbollah sind untersagt. Dies erklärte die Bremer Innenbehörde auf Anfrage der ARD.

Das Zeigen der palästinensischen Fahne ist hingegen erlaubt. Untersagt seien Zeichen, die den terroristischen Angriff der Hamas auf Israel unterstützten. Auch Transparente, auf denen Mord, Totschlag, Vergewaltigung und Geiselnahme öffentlich gebilligt werden und die zu Gewalt gegen Israel und jüdischen Menschen aufrufen (Paragraf 140 im Strafgesetzbuch: „Belohnung und Billigung von Straftaten“), sind verboten. Und schließlich ist auch das Verbrennen oder Zerstören der israelischen Fahne strafbar.

Der entsprechende Paragraf des Strafgesetzbuches wurde vor drei Jahren verändert. Blieb es vorher noch ohne Strafe, Flaggen eines Landes oder Fahnen öffentlich zu verbrennen, ist dies seit 2020 untersagt – und gilt für alle Banner.

Straftaten, die öffentlich auf Demonstrationen gebilligt werden, müssen dabei nicht in Deutschland begangen worden sein. Zwar fehlt bislang dazu eine höchstrichterliche Entscheidung, die meisten Juristen sind sich jedoch einig: Wer terroristische Attacken wie die vom 11. September 2001 in den USA oder kürzlich in Israel hierzulande auf der Straße öffentlich feiert, begeht eine Straftat.

Können Vereine, welche die Hamas unterstützen, verboten werden?

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich gerade erst dafür stark gemacht. Er fordert ein Verbot des palästinensischen Netzwerks Samidoun, das in Berlin „brutalste Terrorattacken auf offener Straße“ gefeiert hätte, so Scholz.

Nach Einschätzung von Verfassungsschützern ist Samidoun israelfeindlich und gehört zur als terroristisch eingestuften Palästinenserorganisation PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas). In Berlin hat die Gruppe eine zweistellige Anzahl an Mitgliedern, heißt es aus Expertenkreisen.

Das Netzwerk Samidoun, das 2011 in den USA gegründet wurde und sich selbst „Gefangenensolidaritätsnetzwerk“ nennt, wird wegen antisemitischer Proteste schon seit einiger Zeit vom Verfassungsschutz beobachtet.

Der Präsident des Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, will dieses Organisationsverbot jetzt schnell umsetzen und nannte es eine „logische Konsequenz“. Zu einem Verbot braucht es eine Anordnung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser.

Im Grundgesetz ist bei Vereinigungen dann ein Verbot ausdrücklich vorgesehen, wenn sich „deren Zwecke oder Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufen, oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten“.

Allerdings sind die Hürden hoch: Vereine können sich auf das Grundrecht von Vereinigungsfreiheit berufen, strafbare oder verfassungsfeindliche Handlungen einzelner Mitglieder allein sind nicht ausreichend.

Bundeskanzler Scholz will außerdem ein Betätigungsverbot für die Hamas durchsetzen. Es wäre eine zusätzliche Maßnahme, denn ein offizieller Ableger der Hamas in Deutschland existiert nicht, nahestehende Vereine wurden bereits vor einigen Jahren verboten.

Das Europäische Zentrum für Terrorismusbekämpfung und Nachrichtdienst, Deutschland und Niederlande 

 

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