Das Europäische Zentrum für Terrorismusbekämpfung und Nachrichtdienst, Deutschland und Niederlande
100 Milliarden Euro als Signal an Putin
FR – Der Vorschlag für einen Nato-Militärfonds zur Unterstützung der Ukraine stößt auf deutsche Zustimmung – auch, weil er vor allem andere Länder in die Pflicht nehmen würde. Von Laura Ebeling, Sven Christian Schulz und Franziska Wessel.
Der Vorstoß des Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg zur Einrichtung eines 100-Milliarden-Euro-Militärfonds hat eine Debatte über die Unterstützung der Ukraine und die langfristige Sicherheit Europas ausgelöst.
Der Vorschlag sei „absolut unterstützenswert“ und gehe in die richtige Richtung, sagte der lettische Außenminister Krisjanis Karins dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Ich glaube aber, dass 100 Milliarden über fünf Jahre am Ende zu wenig und der Zeitraum zu kurz gedacht ist.“ Karins hält die Entwicklung einer „langfristigen Eindämmungsstrategie gegen Russland“ für notwendig, die auf die kommenden zwei Jahrzehnte angelegt ist. „Denn auch wenn dieser Krieg vorbei ist, wird die Sicherheit Europas weiterhin durch Russland bedroht sein.“ Europa brauche Investitionen in die Verteidigung und eine „offene, sehr transparente Stationierung von Streitkräften“. Die Nato müsse Russland Stärke demonstrieren.
Geringerer US-Anteil
Stoltenberg hatte den Außenminister:innen der Bündnisstaaten vorgeschlagen, die Koordination der Waffen- und Munitionslieferungen sowie der Truppenausbildung in die Hände der Nato zu legen. In den Ukraine-Militärfonds sollen die Nato-Mitglieder entsprechend ihrer Größe einzahlen. Das würde vor allem die USA entlasten, die bisher etwa die Hälfte der Militärhilfen für die Ukraine beitragen. Der US-Anteil am 100-Milliarden-Euro-Paket läge nur bei 16 Prozent, genauso groß wie der deutsche Anteil. Frankreich, Italien und Spanien müssten so deutlich mehr Geld für die Ukraine aufbringen als bisher.
Die Bundesregierung zeigt sich offen für mehr Investitionen in die europäische Sicherheit und den Hilfsfonds für die Ukraine. Allerdings dürfe zwischen der Nato und der EU keine Doppelstrukturen geben, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Die EU-Staaten, die meist auch Nato-Mitglieder sind, hatten erst vor zwei Monaten den EU-Verteidigungsfonds für die Ukraine bis Ende 2027 um 5 Milliarden Euro aufgestockt. Verglichen mit dem Nato-Vorschlag eine geringe Summe, zumal Berlin ausgehandelt hat, nationale Lieferungen dabei anteilig anzurechnen. Da die Bundesregierung in diesem Jahr 7,4 Milliarden Euro für die Ukraine eingeplant hat, muss sie wohl kein Geld mehr in den EU-Fonds einzahlen.
Die Anrechnung bilateraler Hilfen favorisieren deutsche Diplomat:innen auch für den Nato-Fonds. Die 3,2 Milliarden Euro jährlich, die auf Deutschland entfallen würden, wären nur ein kleiner Teil der für dieses Jahr schon geplanten Militärhilfe Deutschlands für die Ukraine.
Der CSU-Politiker Florian Hahn sähe in dem Nato-Fonds aber auch ein Signal an Putin: „Wenn die russischen Aggressionen nicht unmittelbar gestoppt werden, nimmt die Unterstützung der Ukraine immer weiter zu“, so Hahn. „In Anbetracht der erheblichen Folgekosten, die ein russischer Sieg in der Ukraine bedeuten würde“, seien die Militärhilfen „ein geringer Einsatz, der dank der Multiplikation durch unsere Nato-Alliierten eine große Wirkung entfalten würde“.
Finanzminister Christian Lindner sieht allerdings erst 2028 wieder Spielraum, und auch andere Ampel-Haushaltspolitiker sind skeptisch. Und die Grünen halten mehr Ausgaben für Rüstung zwar für notwendig. Rüstungskonzerne dürften aber keine überhöhten Preise verlangen und Innovation und Infrastruktur in Europa nicht unter den steigenden Ausgaben leiden.
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