Das Europäische Zentrum für Terrorismusbekämpfung und Nachrichtdienst, Deutschland und Niederlande -ECCI
Terrorismusforscher: Viele Einzeltنter mit diffusem Motiv
TONLINE – Die Mehrzahl der religiِs motivierten Anschlنge der vergangenen Jahre verübten Tنter, die sich in Deutschland radikalisiert hatten. Im Hintergrund spielten oft persِnliche Lebenskrisen eine Rolle.
Bei mehreren islamistischen Terroranschlنgen der vergangenen fünf Jahre spielten neben der Ideologie nach Einschنtzung des Extremismusexperten Martin Kahl auch persِnliche Motive eine Rolle. Kahl, der am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universitنt Hamburg unter anderem zu „gesellschaftlichen und politischen Praktiken im Umgang mit dem radikalen Islam“ geforscht hat, sagte bei einem Pressegesprنch des Mediendienstes Integration, die Tنter seien zwar eingebunden in „ideologische Narrative“, die weltweit kursierten, aber man kِnne schon den Eindruck gewinnen, „dass es da auch persِnliche Motive gibt, dass sich teilweise die Tنter so Rettung aus ihren eigenen Lebenskrisen durch die Taten versprechen“.
Unzufriedenheit mit Lebensumstنnden
Hنufig gehe es darum, die eigenen Lebensumstنnde, die die Tنter selbst als unzufriedenstellend beurteilten, und die bei der Planung der Tat eine wichtige Rolle spielten, um ein islamistisches Motiv ergنnzt würden, mit dem Ziel, „der Tat mehr Bedeutung zu geben“. Den Tنtern gehe es oft darum, das eigene Selbstbewusstsein zu stنrken und berühmt zu werden.
In einigen Fنllen sei es auch für die Gerichte schwierig festzustellen, ob die Ideologie wirklich im Vordergrund steht. „Das kann ja auch so stark miteinander verwoben sein, dass man es irgendwie gar nicht trennen kann“, sagte Kahl.
Vier islamistische Anschlنge seit Anfang 2024
Bei den zu den letzten vier mutmaكlich religiِs motivierten Anschlنgen in Mannheim, Solingen, München und Berlin ermittelten Tatverdنchtigen sei jeweils keine starke psychische Stِrung festgestellt worden. Das bedeute aber nicht, „dass das dahinterliegende Motiv nicht eben auch eine allgemeine Unzufriedenheit mit den eigenen Lebensumstنnden gewesen sein kann, aber das müssen die Gerichte dann feststellen“.
Wنhrend in früheren Jahren für islamistische Terroristen als „Trigger“ vor allem westliche Militنrinterventionen wie im Irak und in Afghanistan eine Rolle gespielt hنtten, waren es spنter nach Einschنtzung von Experten verstنrkt Mohammed-Karikaturen beziehungsweise Koran-Verbrennungen. In den Jahren 2014 bis 2017 folgten Anschlنge mit Bezug zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Laut Kahl ist die IS-Ideologie zwar bis heute ein Bezugspunkt. Bei den letzten Anschlنgen in Deutschland, die nach seinen Worten alle von „operativen Einzeltنtern“ mit eher diffusem Motiv verübt wurden, sei jedoch keine oder nur eine sehr lose Verbindung zu Terrorgruppen festzustellen gewesen.
Kahl und sein Team haben seit 2015 insgesamt 15 islamistische Terroranschlنge in Deutschland gezنhlt, zudem vier fehlgeschlagene Anschlنge sowie jeweils 33 Verdachtsfنlle und Anschlنge, die in der Planungs- beziehungsweise Vorbereitungsphase von den Sicherheitsbehِrden verhindert wurden.
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