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Welche Bedeutung hat der Besuch des Emirs von Katar in Berlin?

Okt. 22, 2024 | Studien & Berichte | 0 Kommentare

Das Europäische Zentrum für Terrorismusbekämpfung und Nachrichtdienst, Deutschland und Niederlande -ECCI

Wie Katar sich als strategischer Partner des Westens unverzichtbar macht, Artikel von Daniel-Dylan Böhmer

Welt – Der Empfang des Emirs von Katars in Berlin zeigt: Die Bundesregierung legt einen neuen Pragmatismus im Umgang mit dem Golfstaat zutage. Trotz dessen umstrittenen Verbindungen zu Terrororganisationen baut das Emirat seinen Vertrauensvorschuss aus.

Es ist ein kurzer Besuch. Nur ein paar Stunden bleibt der Emir von Katar, Tamim Bin Hamad Bin Khalifa Al Thani, in Deutschland. Er trifft Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf Schloss Bellevue und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Gästehaus der Bundesregierung auf Schloss Meseberg. Eine Pressekonferenz gibt es nicht, Details des Besuchs sind vertraulich.

Anlass der Zusammenkunft soll vor allem der strategische Dialog sein, den beide Länder 2023 vereinbarten und der unter anderem eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Energie, Umwelt und regionalen Sicherheitsfragen vorsieht. Rund ein Jahr nach dem letzten Staatsbesuch des Emirs nach Berlin haben sich die Umstände allerdings geändert. Wurde dieser damals noch von öffentlicher Kritik begleitet, weil er nur wenige Tage nach dem Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober stattfand, sind solche Töne nun leiser geworden. Und auch die Kürze des Staatsbesuchs kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Golfstaat zu einem immer wichtigeren Partner für die Bundesregierung entwickelt.

Im Energiebereich arbeiten beide Länder schon länger eng zusammen. Katar ist mit nur 2,8 Millionen Einwohner nach den Vereinigten Staaten und Russland der weltweit größte Exporteur von Erdgas. Den daraus entspringenden Reichtum haben die Katarer unter anderem in deutsche Unternehmen investiert. Am Volkswagen-Konzern halten sie etwa 17 Prozent der Anteile, an Siemens vier und an der Deutschen Bank mindestens sechs Prozent.

Seitdem Russland im Zuge des Ukraine-Kriegs seine Energielieferungen Deutschland gedrosselt hat, ist Katar noch wichtiger geworden. So unterzeichneten Berlin und Doha 2022 einen Vertrag mit einer Laufzeit von 15 Jahren über die Lieferung von jährlich etwa zwei Millionen Tonnen Flüssigerdgas. Für die Ampel-Regierung und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) war Katar einer der ersten und wichtigsten Ansprechpartner, als es darum ging, die möglichen Folgen des russischen Energieboykotts auf die deutsche Wirtschaft abzufedern. Dass dies gelang, lag auch an Katar.

Kritik an Hamas-Kontakten

Aber auch politisch ist das Emirat ein wichtiger Faktor für Deutschland – wenngleich er unterschiedlich bewertet wird. Katar hält gute Kontakte zu verschiedenen militanten Gruppen wie der palästinensischen Terrororganisation Hamas im Gaza-Streifen oder den afghanischen Taliban. In der katarischen Hauptstadt Doha residiert das Politbüro der Hamas und damit ein wichtiger Teil der Führung der Organisation. Auch die erste Botschaft, die die Taliban vor ihrer Machtübernahme in Afghanistan 2021 im Ausland unterhielten, befand sich in Doha.

Manche Beobachter führen solche Kontakte auf die streng konservativ-islamische Ausrichtung des Landes vor dem Antritt von Emir Tamim zurück. Kritiker werfen dem Land vor, mit hunderten Millionen von Dollar für den Gaza-Streifen direkt die Hamas und deren Terror finanziert zu haben.

Katarische Vertreter nennen andere Gründe für dieses Engagement. Es seien die USA gewesen, die nach dem Gaza-Krieg 2006 Katar darum gebeten hätten, dem geflohenen Politbüro der Hamas Zuflucht zu gewähren – auch um einen Anlaufpunkt für Verhandlungen über eine dauerhafte Lösung für Gaza und die anderen Palästinensergebiete zu haben. Genauso seien es die USA gewesen, auf deren Bitten im Jahr 2013 die Taliban-Botschaft in Doha eingerichtet wurde, damit die Supermacht mit der Miliz über die Zeit nach einem Abzug der Nato-Truppen vom Hindukusch verhandeln konnte.

Plausibel ist diese Darstellung immerhin insofern, als Katar auch in den USA Vertrauen genießt. Das Land ist Standort ihrer größten Militärbasis im Nahen Osten und schon deshalb ein wichtiger Partner für Washington. Auch die Bundesregierung wusste es zu schätzen, dass durch die Vermittlung Katars tausende ehemalige Mitarbeiter der Bundeswehr in Afghanistan sowie gefährdete Menschenrechtsaktivisten nach der Machtübernahme der Taliban das Land verlassen konnten. Katar unterstützte auch bei dem Abschiebeflug von Straftätern nach Afghanistan Ende August.

Was die Gelder für Gaza angeht, so ist aus Katar zu hören, diese Transfers seien mit Israel abgesprochen gewesen und vom jüdischen Staat umfassend überwacht worden. Fragt man israelische Vertreter, dann widersprechen sie dieser Darstellung nicht grundsätzlich. In Israel wird Premierminister Benjamin Netanjahu vorgeworfen, die Hamas – auch unter Duldung der katarischen Zahlungen – absichtlich stabilisiert zu haben, um die Palästinenser zu spalten und sich somit ein Argument gegen eine Zweistaatenlösung mit der säkularen Palästinenserbehörde im Westjordanland zu sichern.

Das Europäische Zentrum für Terrorismusbekämpfung und Nachrichtdienst, Deutschland und Niederlande -ECCI

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